Flowers Forever – Blumen in Kunst und Kultur


Kehinde Wiley
Portrait of a Florentine Nobleman III, 2019
Öl auf Leinwand, 144 x 114 cm
Sammlung Vilsmeier – Linhares, München
© Kehinde Wiley. Courtesy of the artist and Stephen Friedman Gallery, Londo
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Wenn ich könnte, würde ich mir jeden Morgen eine Blume – bevorzugt eine Frangipani- oder in mutigen Momenten auch eine Hibiskusblüte – hinters Ohr stecken oder ins Haar flechten. Zweifelsohne hat das einen sehr positiven Einfluss auf den Tagesverlauf. Im Moment hebe ich mir das für den Urlaub in tropischen Gefilden auf. Umso glücklicher hat es mich gestimmt, eine Ausstellung in München zu besuchen, die sich ausschließlich und mit erstaunlichem Tiefgang mit dem Thema Blumen beschäftigt.

Der Rundgang durch Flowers Forever in der Kunsthalle München ist eine gleichermaßen informative und zauberhafte Reise durch das Blumenuniversum und die Kulturgeschichte der Blume. Mithilfe von Objekten aus Kunst, Design, Mode und Naturwissenschaft werden florale Bedeutung und Symbolkraft in verschiedenen Epochen und Genres erklärt. Aha-Momente und Faszination sind stete Begleiter auf dieser Tour.

Ann Carrington
Delft Snowball, 2021
Löffel, Gabeln, Nägel, Silberperlen, gusseiserne Urne, 78 x 61 x 61 cm
Leihgabe der Künstlerin
© Ann Carrington, VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Jeder Raum der Ausstellung befasst sich mit einem anderen Blickwinkel auf Blumen. Einer Betrachtung, die weit über die pure Begeisterung beim Anblick eines üppigen Straußes hinausgeht. Den Anfang macht das Verhältnis zwischen Natur und Kultur, die Blumenzucht und der Blumenanbau, das Ökosystem vor rund 140 Millionen Jahren. Von dort aus geht es in die Antike, in der Flora, die römische Göttin der Blüte und Fruchtbarkeit, von höchster Bedeutung war. Aber auch in der Politik, Religion, in der Kunst und Wissenschaft kamen Pflanzen schon vor Jahrhunderten – auch wegen ihrer Symbolik – zum Einsatz.

Miguel Chevalier
Extra-Natural (Installationsansicht), 2023
Kunsthalle München
Software Cyrille Henry & Antoine Villeret
© Miguel Chevalier, VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Nicolas Gaudelet

Nach illustratorischen Darstellungen folgt Miguel Chevaliers Extra-Natural interaktive, generative Installation, deren Software einen überdimensionalen, virtuellen Blumengarten an die gesamte Wand projiziert. Ein interessanter Aspekt ist auch der sprachliche, den man ganz unbewusst verwendet – wie oft sagen wir etwas durch die Blume? Oder drücken uns, auch in der Mode, mit Blumen aus? Häufig im Kontext der Sinnlichkeit. Ein besonderer Hingucker ist Agathes Brautkleid, das das Designerduo Viktor&Rolf für Robert Wilsons Inszenierung von Carl Maria von Webers Der Freischütz in Baden Baden entworfen haben – Say yes to the dress bedeutet in diesem Fall: ein klares Ja zu einem Brautkleid in Form eines riesigen Hochzeitsbouquets.  

Flowers Forever nimmt sich zudem Größen der Kunstwelt wie Andy Warhol an, der mit einem seiner bekanntesten Werke Flowers aus dem Jahr 1970, vertreten ist. Die britische Künstlerin Rebecca Louise Law hat das wohl imposanteste Werk, die Installation Calyx im letzten Raum der Ausstellung initiiert. Im vergangenen Jahr haben Freiwillige mehr als 100.000 Blumen getrocknet und gemeinsam gebunden. Blumen, die sonst entsorgt worden wären. Das Projekt ist Ausdruck von Laws künstlerischer Herangehensweise: einerseits bewusst und nachhaltig mit natürlichen Ressourcen umzugehen und andererseits unterschiedliche Menschen zusammenzubringen, um etwas Gemeinschaftliches zu kreieren. Im Anschluss an die Ausstellung werden die Blumen für neue Projekte verwendet.

Rebecca Louise Law
Calyx (Installationsansicht), 2023
Kunsthalle München
© Rebecca Louise Law

Sobald man den Raum betritt, wird nicht nur der Seh-, sondern auch der Geruchssinn betört – von der Decke formen sich einzelne blütenverzierte Fäden zu einem überdimensionalen Kelch, unter dem man als Besucher Schutz zu finden und in eine Fantasiewelt einzutauchen scheint. Das Kunstwerk präsentiert sich als das perfekte Instagram-Motiv, vor allem ist es aber eine Installation, die mit den eigenen Augen (und Nase) ganz bewusst und intensiv wahrgenommen werden möchte.


Flowers Forever – Blumen in Kunst und Kultur
03. Februar bis 27. August 2023

Kunsthalle München / Theatinerstr. 8 / 80333 München
Täglich 10-20 Uhr


Sabrina Hasenbein

Für PAJO ONE erkundet Sabrina Hasenbein ihre Heimatstadt München am liebsten durch den künstlerischen, kulturellen und kulinarischen Blickwinkel. Allerdings ist die freie Autorin auch gerne überall anders auf der Welt unterwegs - bevorzugt dort, wo sich Meer und Metropole treffen.



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