Kathrin Linkersdorff - Works
Schon lange verzaubern uns die Arbeiten von Kathrin Linkersdorff. Sie fluktuieren zwischen Kunst und Wissenschaft. Die großformatigen Werke enthüllen unsichtbare Welten aus der Botanik, die dem bloßen Auge verborgen bleiben und nur über das Medium Fotografie sichtbar werden. Mit prozesshaften Methoden aus der Mikrobiologie, experimentellen Ansätzen und Testreihen inszeniert Linkersdorff künstlerische Momentaufnahmen, die bestimmte Zeitpunkte im organischen Verfallsprozess von Pflanzen festhalten. Damit beleuchtet sie das komplexe Zusammenspiel von Werden und Vergehen in der Natur.
Im Zentrum des Schaffens der Künstlerin steht das japanische Konzept von Wabi-Sabi: die Ansicht, dass Vergänglichkeit und Unvollkommenheit integrale und sogar schöne Teile des Lebens sind. Kathrin Linkersdorff begegnete dem Prinzip erstmals in den 1990er Jahren, als sie im Rahmen eines Stipendiums nach Japan zog, um ihr Studium der Architektur zu vertiefen. Dort lernte sie die Technik des Sumi-e, der japanischen Tuschmalerei, und entwickelte ihre Wahrnehmung von Farbe und Form. Durch das ästhetische Konzept von Wabi-Sabi entdeckte sie die Schönheit in der Akzeptanz von Vergänglichkeit, Unvollkommenheit und Verletzlichkeit.
Heute ist Wabi-Sabi die Lebenskraft hinter ihrer fotografischen Praxis, mit der sie die innere Architektur lebender Organismen in ihrem zerbrechlichsten Zustand darstellt - dem Zustand zwischen Sein und Vergehen. Obwohl Blumen und Bakterien die Motive von Linkersdorffs Fotografien bilden, geht es in ihrer Arbeit nicht einfach nur um Darstellung; vielmehr wird das Organische zur visuellen Metapher für Vergänglichkeit als Teil des Lebensprozesses.
Die verwendeten Prozesse sind im Wesentlichen analog. Für ihre Fairies-Serien sammelt Linkersdorff Tulpen über einen Zeitraum von mehreren Monaten und trocknet sie. Mit ihrer eigenen Methode - die sie durch jahrelange sorgfältige Experimente und einen regen Austausch mit Wissenschaftlern entwickelt hat - extrahiert die Künstlerin die Pigmente der Blumen, die sie zu einem natürlichen Farbstoff rekonzentriert. Anschließend taucht sie die getrockneten, durchscheinenden Blumen in ein flüssiges Medium ein, in dem sich ihre Blütenblätter entfalten. In der Flüssigkeit schwebend, können ihre empfindlichen Strukturen auf einer Ebene von Detailreichtum beobachtet werden, die normalerweise unsichtbar sind. Oftmals bringt Linkersdorff ihre floralen Farbstoffe in dasselbe Medium ein, in dem sie sich in wirbelnden, farbigen Ranken ausbreiten. “Die Interaktion zwischen Farbe und Form wird zu einem poetischen Tanz, der auch die verborgene Alchemie in allen lebenden Materien enthüllt”, so Kathrin Linkersdorff.
Ihre neusten Arbeiten Microverse I und Microverse II befassen sich mit biologischen Veränderungsprozessen und Stoffkreisläufen, die durch Bakterien hervorgerufen werden. Die erstmalig im Phoxxi präsentierte Werkreihe entstand im direkten Austausch mit der Mikrobiologin Prof. Dr. Regine Hengge von der Humboldt Universität, an der Linkersdorff z.Zt. Artist in Residence ist. Um natürliche Stoffkreislaufprozesse zu visualisieren, dienen entfärbte Pflanzen und Früchte als Wachstumssubtrat für Bakterien, die darauf morphologisch differenzierte und durch ihre farbigen Antibiotika spektakulär bunte Kolonien bilden. Das komplexe Zusammenspiel von Werden und Vergehen in der Natur wird so direkt sichtbar gemacht.
Linkersdorffs Werke befinden u.a. in der ständigen Sammlung des Philadelphia Museum of Art und wurden in zahlreichen Ausstellungen von London bis Paris und Florida ausgestellt.
Kathrin Linkersdorff - Works
27. Oktober 2023 – 21. Januar 2024
PHOXXI. / Deichtorhallen Hamburg, /Deichtorstraße 1-2 /20095 Hamburg
Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr