Obscure Traces – Katja Liebmanns poetische Erkundung von Vergänglichkeit und urbaner Isolation


Katja Liebmann New York Glowing Cold 3 © Galerie Heckenhauer


Inmitten der hektischen, vom ständigen Wandel geprägten urbanen Landschaften ist es oft das Unsichtbare, das uns am meisten beschäftigt – die Fluktuation von Energie, das Rauschen der Entfremdung und die stille Präsenz der Isolation. In ihrer aktuellen Ausstellung Spuren verwischen – Obscure Traces in der Galerie J.J. Heckenhauer ermöglicht die Foto-Künstlerin Katja Liebmann einen tiefgründigen Einblick in diese Themen. Mit einer einzigartigen Technik und einer poetischen Herangehensweise entführt sie die Besucher in eine Welt der Fragilität und Erinnerung.

Liebmanns Arbeiten sind keine gewöhnlichen Fotografien. Statt auf moderne digitale Verfahren setzt die Künstlerin auf die traditionelle Cyanotypie, ein fotografisches Verfahren aus dem 19. Jahrhundert. Es ist eine Technik, die heutzutage nur noch von wenigen Künstlern genutzt wird und die Liebmann seit über 20 Jahren pflegt. Die Cyanotypie ermöglicht es, Negative direkt auf lichtempfindlich beschichtetem Papier zu übertragen. Was zunächst wie ein technischer Prozess klingt, wird bei Liebmanns Arbeiten zu einem künstlerischen Akt der Verfremdung. Beim Belichten unter natürlichem Sonnenlicht entstehen tiefblaue, changierende Töne, die den Bildern eine fast malerische Qualität verleihen. Liebmann selbst beschreibt sich als „malerische Seele“ – eine Bezeichnung, die sich in der sanften, fließenden Ästhetik ihrer Arbeiten widerspiegelt.

Katja Liebmann Berlin Die Fahrt 7 © Galerie Heckenhauer

Durch die Unschärfe, die während des Belichtungsprozesses entsteht, wirken die Bilder wie flüchtige Erinnerungen, die sich in der Wahrnehmung des Betrachters zunehmend auflösen. Diese verschwommenen, teils traumhaften Motive erinnern an Szenen aus einem längst vergangenen Traum, an Momente, die im Strom der Zeit verloren gehen. Diese Vergänglichkeit und das Zerrinnen von Erinnerungen sind zentrale Themen der Ausstellung. Liebmann selbst vergleicht ihr Werk mit dem der deutschen Romantikern, die ebenfalls die Zerbrechlichkeit des Moments thematisierten. Ihre Bilder sind keine nostalgischen Rückblicke, sondern vielmehr Studien über das Flüchtige und die Fragilität der Existenz.

Doch Liebmanns Kunst ist nicht nur von poetischer Melancholie geprägt. Sie begibt sich auf eine tiefere Suche nach Ordnung im Chaos der modernen Welt. Die Urbanität und die Entfremdung, die sie darin wahrnimmt, finden ihren Ausdruck in den blauen Farbnuancen und der sanften Verzerrung der Motive. Ihre Werke stellen eine Art Balance zwischen den chaotischen Eindrücken der Gegenwart und einer stillen Sehnsucht nach Ruhe und Klarheit dar. In diesem Spannungsfeld zwischen Chaos und Stille, zwischen Erinnerung und Vergänglichkeit, fängt Liebmann die Essenz der modernen Existenz ein.

Katja Liebmann ist nicht nur in Deutschland, sondern auch international bekannt. Ihre Arbeiten sind in zahlreichen Ausstellungen und Sammlungen weltweit vertreten, und die Ausstellung in der Heckenhauer Galerie ist eine einmalige Gelegenheit, ihre Werke in einer intimen, konzentrierten Atmosphäre zu erleben. Bis Ende des Jahres können die Besucher in der Galerie eintauchen in Liebmanns Obscure Traces, die uns einladen, über die Spuren nachzudenken, die wir hinterlassen – und über die, die wir im Fluss der Zeit verlieren. In einer sich ständig verändernden Welt zeigt Katja Liebmann mit ihren poetischen Fotografien, wie Spuren verblassen und das, was bleibt, die fragile Schönheit der Erinnerung ist.


Katja Liebmann - Spuren verwischen - Obscure Traces
bis 31. Dezember 2024

Galerie J.J. Heckenhauer / Theresienstraße 48 / 80333 München
MIttwoch bis Freitag: 12 -18 Uhr
Samstag 12 - 15 Uhr


Sandra Böhm

Sandra Böhm hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und schreibt als freie Autorin für verschiedene Lifestyle-Magazine. Eine weitere Passion ist die Kunst. Als Autorin für PAJO ONE lassen sich beide Vorlieben trefflich miteinander verbinden. 

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