Philippe Parreno – Marilyn
Das Herz von Marilyn schlägt im ersten Stock des Espace Louis Vuitton. 20 Minuten lang. Dabei tritt die titelgebende Videoinstallation aus dem Jahr 2012 mit drei weiteren Werken in den Dialog und wird Teil von Philippe Parrenos multidisziplinärer Praxis. Wie der Franzose den Geist Marilyn Monroes dreifach zum Leben erweckt, ist ein Paradebeispiel dafür, welche Möglichkeiten die Gegenwartskunst eröffnet.
Auf der Suche nach der ultimativen Kommunikationsform lässt Philippe Parreno Wirklichkeit und Fiktion verschwimmen. Für diese Ausstellung wurden neben der Videoinstallation Zeichnungen (In Preparation of Marilyn: The Quasi Living), eine weitere Videoinstallation (The Writer) und die Skulptur Untitled ausgewählt. Für Parreno ist die Ausstellung „ein an sich eigenständiger Gegenstand, ein Erfahrungsraum und ein Format, das er unablässig hinterfragt und neu erfindet.“ Der Besuch wird zu einem singulären Ereignis, das „das Projekt gegenüber dem Objekt bevorzugt.“
Diese Intention lässt sich besonders gut an den 15 Geburtstagskerzen aus Paraffinwachs in verschiedenen Blautönen, die gebündelt in einer Ecke stehen, erklären: Nicht die Kerzen, sondern vielmehr die Erinnerung an einen Geburtstag und an die Vergänglichkeit, also Emotionen und soziale Ereignisse, stehen bei der Betrachtung im Vordergrund. Das Größenverhältnis und die comicähnliche Präsentation referieren zudem auf die kindliche Wahrnehmung und stellen unsere Beziehung zur Realität in Frage. Die sechs Siebdrucke sind Standbilder vom Film Marilyn – eine Art Storyboard, das Sprache und Zeichnungen als Ausdrucksform in den Vordergrund rückt.
The Writer zeigt einen der frühesten Automaten, der vom Schweizer Uhrmacher Pierre Jaquet-Droz im Jahr 1770 kreiert wurde und als Vorläufer des Roboters Texte von bis zu 40 Zeichen generieren konnte. Sowohl die Drucke als auch die Installation verstehen sich als Einführung in den vierten Teil des gezeigten Œuvres.
Für den Film Marilyn hat Philippe Parrenos die New Yorker Waldorf Astoria Suite der Filmikone in einem Studio rekonstruiert sowie drei Maschinen entwickelt, die den Geist der Schauspielerin zum Leben erwecken. Die Unterschrift, die Stimme und die Wahrnehmung eines Menschen sind wesentliche Merkmale, über die er sich identifiziert. Mithilfe von moderner Technik programmierte der Künstler Marilyns Stimme und ihre Handschrift und ließ eine Kamera ihren Blickwinkel einfangen.
Im Film sieht der Besucher die Hotel Suite aus ihren Augen und hört ihrer täuschend echt produzierten Stimme zu, wie sie diese – die Worte stammen von Parrenos – vom Flur über die Kaffeetasse bis hin zur Tapete beschreibt. Und ja, es ist ein bisschen unheimlich. Ganz zum Schluss löst sich die konstruierte Situation auf. Der Zuseher verweilt allerdings noch ein bisschen zwischen Wirklichkeit und Fiktion, nicht festgelegt auf Zeit und Raum.
Philippe Parreno – Marilyn
17. Februar bis 6. August 2023
Espace Louis Vuitton München / Maximilianstraße 2a / 80539 München
Montag-Freitag 12-10 Uhr, Samstag 10-19 Uhr