ArtView mit Olaf Hajek


Olaf Hajek © Robert Rieger

Olaf Hajek © Robert Rieger


Von Olaf Hajeks neuem Atelier in Palma aus hat man einen wunderbaren Blick auf das blaue Meer. Für mich ein kleiner Ausgleich dafür, dass wir unser ArtView per Zoom führen müssen. Vor kurzem erst hat der Illustrator und Maler, der eigentlich hauptsächlich in Berlin lebt, die Räumlichkeiten bezogen und steckt mitten in den Vorbereitungen für seine Ausstellung bei Kaplan Projects

Auf Mallorca hat bereits der Frühling Einzug gehalten, doch es liegt noch eine große Ruhe über der Baleareninsel, die erst langsam wieder aus einem tiefen Winterschlaf ohne Touristen erwacht. Olaf Hajek reist gerne viel und für längere Zeit, braucht regelmäßig kreative Standortwechsel, wie er mir in unserem Gespräch verrät. Doch gerade ist er sehr froh, hier und nicht an einem weiter entfernteren Ort der Erde zu sein. 

© Olaf Hajek Privat

© Olaf Hajek Privat

Bekannt ist der Illustrator, der für das SZ Magazin, die New York Times und Unternehmen aus der ganzen Welt zeichnet, für seine fantastischen Traumwelten und -gärten, die seine ganz eigene Handschrift tragen. In faszinierender Weise seziert Hajek in seinen Bildern die Grenzen zwischen Realität und Imagination, in dem er dabei Aspekte von Folklore, Mythologie, Religion, Geschichte sowie Geografie integriert und einen lebhaften Dialog zwischen scheinbar fernen Welten erschafft. Mit künstlerischer Virtuosität kombiniert er dafür detailreiche naturalistische Darstellungen mit surreal anmutenden grafischen Illustrationen und wird so zu einem vielseitigen wie gefeierten Geschichtenerzähler.

Geboren in Rendsburg in Schleswig-Holstein und aufgewachsen in Bonn, studierte Olaf Hajek in Düsseldorf Visuelle Kommunikation. Tief in seinem Inneren hätte er eigentlich gerne, wie er mir berichtet, gerne Kunst studiert, was aber nicht unbedingt auf die Gegenliebe seiner Eltern stieß. Es war, sagt er, schlicht seine Lust auf das Zeichnen und Malen. Als Glücksfall erwies sich, dass der Freund seiner Schwester heimlich seine Mappe mit zu seiner Bewerbung an die Uni Münster nahm und man dort so begeistert war, dass Hajek bereits vor Abschluss seines Abiturs die Zusage für einen Studienplatz für Grafikdesign in Münster erhielt. Dagegen konnten letztendlich auch die Eltern nichts einwenden.

Doch kurz vor seiner Immatrikulation entschied Olaf Hajek sich für ein Studium in Düsseldorf. Die Entscheidung hatte etwas mit seiner klaren Vorstellung von einer zukünftigen Arbeit als Illustrator zu tun und war zudem geprägt von einem großen Freiheitsgedanken. Schienen ihm doch Bonn und Münster zu eng und ähnlich. Das Studium beschreibt Hajek heute nicht als die Offenbarung, obwohl er versuchte, die Illustration in sein Diplom einzubinden.  

Nach einem Kurzaufenthalt in Madrid zog es Olaf Hajek dann nach Amsterdam. Getragen von einem großen Freiheitsgefühl fing er hier an zu malen und zu zeichnen sowie seine Arbeiten in aufwendig gestalteten Booklets an diverse Redaktionen zu schicken. Die Szene war übersichtlich und oft brachte er seine Mappe selbst bei den Artdirektoren vorbei. Vor großen Namen und Redaktionen schreckte er dabei nicht zurück und der schnell eintretende Erfolg gab ihm recht. 

Einen seiner ersten Aufträge erhielt Hajek vom holländischen Playboy, einen weiteren beim SZ- Magazin, für dessen Cover er auch kurze Zeit später den Art Direktoren-Preis erhielt. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Sein Erfolg und Stil sprachen sich schnell herum und die Kunden wurden mehr und internationaler. Lächeln muss Olaf Hajek, als er mir von seinen ersten Arbeiten für den New Yorker berichtet. Selbstredend hatte er auch hier eine seiner Booklets eingereicht und nach ein paar Wochen erreichte ihn ein Schreiben, er solle doch einmal in der Redaktion vorbeischauen, wenn er in New York sei.


© Olaf Hajek

© Olaf Hajek

Surreal dress © Olaf Hajek

Surreal dress © Olaf Hajek

© Olaf Hajek

© Olaf Hajek

© Olaf Hajek

© Olaf Hajek

The gardeners mind © Olaf Hajek

The gardeners mind © Olaf Hajek


Ein weiterer großer Schritt in seiner Karriere und über den bisherigen Horizont hinaus. Schon Stunden später nach einem ersten Gespräch und völlig überwältigt vom New Yorker Leben saß er abends für ein Broadway-Stück im Theater und zeichnete am nächsten Morgen seine erste Illustration für das Magazin in einem winzigen Hotelzimmer. Kurz danach lernte er auch seine erste New Yorker Agentin kennen, die ihn auf den amerikanischen Markt brachte. Seitdem lebte Hajek über viele Jahre mindestens für drei Monate in Big Apple. New York war (und ist?) neben seiner heutigen Heimatstadt Berlin noch heute eine sehr starke Inspirationsquelle.

Trotz seiner Bekanntheit und seines Erfolges, der Gestaltung von Produkten für namhafte Unternehmen drängt Olaf Hajek sich nie in den Vordergrund, sondern ist einer der besonderen Zuhörer, die sich für ihr Gegenüber interessieren. So ergeht es mir auch während unseres ArtViews. In den letzten Jahren hat er sich vom begnadeten Illustrator zum Künstler gewandelt bzw. dem die Türen geöffnet, was sich künstlerisch ausdrücken wollte. Dabei hebt Hajek die überkommene Grenze zwischen kommerzieller Illustration und freiem Schöpfertum auf – als der Künstler, der er ist. Sein Geheimnis: Wenn man sich seiner Freiheit bewusst ist und weiß, was man kann, hat das Auswirkungen auf die kommerziellen wie künstlerischen Arbeiten.

Schon immer war Hajek fasziniert von Folk Art, Art Brut und primitiver Kunst, archaisch und sphärisch. Folk Art-Museen und Galerien sind für ihn wahre Inspirationsquellen. Auch in seinen Illustrationen und Bildern geht es ihm nicht um die Perfektion, sondern um das kraftvolle Unperfekte und um Strukturen sowie Oberflächen, die Leben einhauchen. Bereits als Student begann er deshalb nur auf gefundenem Material zu arbeiten, das er auf der Straße fand. Eine ähnliche Struktur versucht Hajek heute auch auf seinen Arbeiten abzubilden. Die Verbindung von Natur und Menschen sind seine Art, um aus dem sachlichen Kontext auszubrechen.

Hinzu kommt eine opulente Farbpalette. Die Magie von Hajeks Kunst liegt in der Kombination der so unterschiedlichen Elemente. Kräftige Farben bringt er meisterhaft zum Klingen, so dass sie neben den Motiven eine überbordende Lebensfreude ausdrücken, durch den Einsatz dunkler Kompositionen und Strukturen jedoch auch melancholisch und stimmungsvoll zugleich sind. Der Einsatz von bunter Farbe, so berichtet mir Olaf Hajek, verlangt ihm zum Teil viel Mut ab. Seine neuesten Arbeiten für Kaplan Projects sind getragen von einer neuen erdigen Farbwelt, wie man sie aus seinen frühen Werken kennt. 

Inspirationen findet Olaf Hajek im Jetzt und überall. Doch immer wieder kommen Strukturen und Elemente aus seiner Kindheit zum Tragen und Schließen den Kreis. Um so mehr sind wir deshalb gespannt auf Orte, Gedanken und Momente, die ihn als Menschen und Künstler besonders inspirieren und sich in seinen Bildwelten wiederfinden.
Eine spannende Reise, die uns den Künstler Olaf Hajek noch näherbringt…

© PAJO ONE Privat

© PAJO ONE Privat

Buchläden. Kennen Sie La Biblioteca de Babel in Palma? Olaf Hajek hat mir diesen kleinen Buchladen extra für meinen nächsten Besuch ans Herz gelegt. Überhaupt üben kleine Buchhandlungen und Antiquariate, egal wo auf der Welt, eine magische Faszination auf ihn aus. Leider führt das dazu, dass er sich bei diversen Umzügen schon von vielen Bildbänden und Editionen trennen musste, um neuen Platz für sein Sammelleidenschaft zu schaffen.

Fundacio Miró Mallorca - © Olaf Hajek

Fundacio Miró Mallorca - © Olaf Hajek

Fundació Miró Mallorca. 
Von Olaf Hajeks Atelier hat man nicht nur einen wunderbaren Blick auf die Badia di Palma sondern auch auf die Fundació Miró Mallorca und ihren wunderschönen Garten, der zu Zeiten unseres Interviews menschenleer ist. Eine Ruheoase inmitten des sonst quirligen Palma neben den ehemaligen Ateliers des Künstlers mit mallorquinischen Wurzeln.

Gärten auf Mallorca. Die Details auf Olaf Hajeks Bildern sind atemberaubend. Die Tiere und Pflanzen scheinen botanischen und zoologischen Kompendien entflogen. Dabei sieht er seine botanischen Illustrationen als Inszenierung der Natur in einem Stadium des Überganges. Seine Inspirationen dafür findet Hajek auf seinen zahlreichen Reisen und gerade eben auf seinen Spaziergängen auf Mallorca.  

Meer. In seiner Malerei, erklärt Hajek, sei die Farbe Türkis für ihn besonders wichtig. „Das brauche ich als Element, zum Beispiel für Wasser.” Ein Thema, das man immer wieder auf vielen seiner Kompositionen in Form von Tränen, Flüssen und Wasserfällen findet. So verwundert es nicht, dass Olaf Hajek sich für die unterschiedlichen Farben und das Licht der Meere begeistern kann.- Die Leuchtkraft des Wassers am Kap Horn, das türkise Blau des Mittelmeeres sowie das kalte Blau der Nord- und Ostsee. Bemerken Sie gerade die unterschiedlichen Empfindungen, die die Farben bei Ihnen auslösen?

© PAJO ONE Privat

© PAJO ONE Privat

Nicht nur Wasser, sondern auch das flache Land des Nordens Deutschlands üben noch heute eine große Faszination auf Olaf Hajek aus. Parallelen sieht er in der Landschaft des Havellandes und Mecklenburgs. Natur und eine Welt voller Farben, Gerüche, Licht und Schatten mit Strukturen, die ein tiefes Empfinden auslösen und neue Bildwelten entstehen lassen. Machen wir von hier aus einem großen Schwenk zu den klaren Strukturen und gedämpften Farben in Olaf Hajeks Schaffen als Illustrator und seiner Wahlheimat Berlin.

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Georg Kolbe Museum. Die Orte seiner Jugend hat Hajek oft als befangen empfunden, vorgegeben von festen Strukturen. Für sich brauchte er eine kreative Pause, um sich daraus frei zu entwickeln. Doch Grundkonstrukte bleiben immer erhalten und er benötigt sie, um seinen Traumwelten einen Duktus und eine Struktur zu geben. Diese Struktur findet Olaf Hajek auch bei seinen Besuchen im Berliner George Kolbe Museum. Die klassische gradlinige Architektur inmitten des wunderbar angelegten Gartens des ehemaligen Künstlerateliers von Georg Kolbe vereint Architektur und Natur zu einem Ganzen.

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Ein ähnliches Empfinden überkommt Olaf Hajek beim Besuch der St. Elisabeth Kirche an der Berliner Ackerstraße. Die von Schinkel entworfene Kirche ist heute Ausstellungsraum, umgeben von einer kleinen Grünfläche mit Parkbänken. Ein Ort, der Hajek zusammen mit der in der Nähe liegenden Markthalle irgendwie auch immer an New York erinnert. Als er nach Berlin kam, faszinierte ihn die Unbedarftheit der Stadt und die Aufgeregtheit des mit Spannung erwarteten Neuem, wie er es ursprünglich aus dem Big Apple kannte. Mittlerweile sieht er Berlin als seine Heimat an, muss sich allerdings drei oder vier Monate im Jahr eine Auszeit von der Stadt nehmen.

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Das New York der 2000er, in welchem Hajek in jedem Jahr für mehrere Monate lebte, hat ihn maßgeblich geprägt. Hier gab es bereits eine lange Tradition der Illustration, alles war und ist machbar. Direkt bei einem seiner ersten Aufenthalte entdeckte Hajek das American Folk Art Museum mit den beeindruckenden Arbeiten Henry Dargers oder den Quilts und Skulpturen von zeitgenössischen autodidaktischen Künstlern, die ihn bis heute inspirieren. 

© Olaf Hajek Privat

© Olaf Hajek Privat

Die oft einfachen Dinge begeistern Hajek. Bei einem unserer ersten Telefonate hat mir Olaf Hajek von einem Zitronenbaum vor seinem Fenster erzählt, von der Faszination der Früchte. In seinen Werken stellt er die Natur meist in den Stadien des Übergangs und voller Kraft dar. Die Blüten sind weit geöffnet und Früchte stehen in voller Reife wie die Zitronen vor Hajeks Fenster. Die Menschen auf Hajeks Bildern sind Nutznießer dessen, sie erscheinen zum Zweck der Zierde, oder sie stehen klein und demütig unter einem Baum der Erkenntnis. 

Die Kraft der Natur und wie sie sich auch an den unmöglichsten Plätzen ihren Weg sucht, berührt Olaf Hajek besonders und er möchte unser Auge darauf richten. - Obstbäume auf mallorquinischen Parkplätzen. Pflanzen, die ihre Blütenpracht an grauen Mauern entfalten und ihr Grün zwischen Pflastersteinen der Sonne entgegenstrecken – Das ewige Wechselspiel der Bildwelten des Illustrators und Momente, für die wir unbedingt unser Auge und unsere Empfindungen in Zeiten wie diesen öffnen sollten.

Vielen Dank für diese Inspiration und unser Gespräch, lieber Olaf Hajek!


Olaf Hajek - El Jardin del Explorador
15. Mai bis Juli 2021

Kaplan Projects / Costa de Santa Creu, 10 /07012 Palma


Anne Harting

Chefredakteurin und Herausgeberin

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