München 72 - Mode, Menschen und Musik


Werbeprospekt „Die Olympia-Sonnenbrillen“, Metzler international, 1972

50 Jahre ist es her, dass die denkwürdigen Olympischen Spiele in München stattgefanden. Zum ersten Mal nach dem 2.Weltkrieg bekam Deutschland die Möglichkeit, sich mit einer Großveranstaltung, wieder in die Völkergemeinschaft einzuglieder und sich von seiner weltoffenen und heiteren Seite zeigen. Die Spiele sollten der demokratische Gegenentwurf zu den Spielen 1936 in Berlin sein.

Das Münchner Stadtmuseum widmet dieser besonderen Olympiade mit München 72. Mode, Menschen und Musik eine umfangreiche Sonderausstellung. Interaktive und digitale Elemente lassen Besucher in die Zeit der Olympischen Spiele eintauchen. Zahlreiche persönliche Erinnerungsstücke, mit den dazugehörigen, individuellen Geschichten und Erzählungen, machen das Ganze noch nahbarer. Die Schwerpunktthemen der Ausstellung sind die Mode und Musik, die den Spielen maßgeblich ihr sympathisches Gesicht verliehen.

Otl Aicher/Elena Winschermann (Entwurf), Olympia-Maskottchen "Waldi", 1972, Münchner Stadtmuseum © IOC

Für die Stadt München bedeutete die Austragung der Olympiade einen Innovationsschub. Die Vergabe der Spiele an die bayerische Landeshauptstadt, löste einen wahren Bauboom aus. Modernisierung der Stadt, samt neuer Verkehrskonzepte wurden vorangetrieben. Ein U- und S-Bahn-Netz verband nun die Stadt mit dem Umland. Die erste Fußgängerzone Deutschlands entstand zwischen Stachus und Marienplatz.

Auch viele technische Neuerungen kamen mit den Olympischen Spielen. Live-Bilder wurden erstmals überall in die Welt gesendet. Flutlichtanlagen ermöglichten eine Komplettübertragung in Farbe und machten die Veranstaltung zu einem globalen Medienereignis.

Das heitere, freundliche Gesicht der Spiele wurde entscheidend durch die grafischen Entwürfe Otl Aichers geprägt.  Sein Wunsch war es, ein visuelles Klima aus Farben und Formen zu schaffen, in dem die Idee des sozialen Miteinanders auflebt.  Mit seinen Piktogrammen und Postern legte Aicher gleichzeitig den Grundstein für Corporate Identity.

Die von Otl Aicher konzipierte Farbwelt wurde auch vom Pariser Couturier Andrè Courreges für die Uniformen des Olympia-Personals aufgegriffen. Er verband die von Aicher vorgegebene Farbigkeit mit betont lässigen, entmilitarisierten Entwürfen im Safari-Look und verzichtete hierbei bewusst auf Geschlechterzuordnung.

Mit dem uniformen Look war das Personal in den Menschenmengen für jedermann gut erkennbar und leicht dem jeweiligen Aufgabenbereich zuzuordnen. Durch Courreges Entwürfe wurde der Eindruck von Lockerheit und Heiterkeit noch verstärkt.Einzig für die Hostessen wählte man einen gänzlich anderen Look. Diese sollten mit ihren schlichten blau-weißen Dirndln gleichzeitig die oberbayerische Landschaft widerspiegeln.

Abendkleid von André Courrèges, 1972, Foto: Regina Relang

Im Begleitprogramm der Olympiade spielten auch Musik und Kultur eine entscheidende Rolle. Auf Wunsch des Münchner Organisationskomitees wurden kulturelle Veranstaltungen in die Sportlandschaft integriert werden. Besucher der Wettkämpfe sollten sich dabei aktiv am Rahmenprogramm beteiligen können. Hierfür schuf der Architekt Werner Ruhnau die Olympische Spielstraße rund um den Olympiasee. Diese diente nicht nur zur Unterhaltung, sondern auch als Forum für die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen und künstlerischen Fragen.

Leo Dübber, Trauerbeflaggung nach dem Attentat auf die israelische Olympiamannschaft, 1972, privat

Ein jähes Ende fand die Unbeschwertheit dieserOlympischen Spiele am 5.September mit dem Attentat auf die israelische Delegation. Dabei wurden alle 11 Geiseln getötet. Danach liefen die Spiele weiter, obwohl viele deren Beendigung forderten. Unterbrochen wurden sie lediglich für einen halben Tag. Mit dem berühmten Ausruf des IOC-Präsident Avery Brundage “The Games must go on!” fanden die Spiele schließlich eine Fortsetzung. Kritik am Umgang mit dem Attentat und der damaligen Sicherheitsstrategie wurden laut. Doch noch bis 2021 verweigerte dasIOC ein Gedenken an die damaligen Opfer. Auch die Stadt München tat sich sehr lange schwer, angemessen auf den Terrorakt zu reagieren. Erst 2017 wurde der Erinnerungsort Einschnitt im Olympiapark geschaffen.


München 72. Mode, Menschen und Musik
29. Juli 2022 bis 8. Januar 2023

Münchner Stadtmuseum / St.-Jakobs-Platz 1/ 80331 MünchenDienstag - Sonntag 10.00-18.00 Uhr


Sandra Böhm

Sandra Böhm hat ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und schreibt als freie Autorin für verschiedene Lifestyle-Magazine. Eine weitere Passion ist die Kunst. Als Autorin für PAJO ONE lassen sich beide Vorlieben trefflich miteinander verbinden. 

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