The Book of Citrus Fruits - J.C. Volkamars Sehnsucht nach dem Süden


01_volkamer_citrus_fruits_xl_int_book004_x_01114_2012031927_id_1336749.jpg

Seit Jahrhunderten stillen Zitrusgewächse, von Zitronen über Limonen und Orangen bis Pampelmusen, in Mitteleuropa die Sehnsucht nach dem Süden, gerade in der kalten Jahreszeit. Auch der Nürnberger Kaufmann und Hobby-Botaniker Johann Christoph Volkamer verehrte zu seiner Zeit die kostbaren Zitrusfrüchte, die er als Pflänzchen von seinen Reisen an den Gardasee mitbrachte, wo er eine Seidenfabrik besaß. 

Inspiriert vom Süden Europas waren für ihn Zitrusfrüchte Himmelskörper, die engelsgleich über italienischen Villen, Nürnberger Gartenanlagen und pittoresken Landschaften schweben. Volkamer war ein Liebhaber der duftenden und exotischen Zitrusfrüchte zu einer Zeit, als diese Früchte nördlich der Alpen noch weitgehend unbekannt waren. 

Er bestellte sogar per Post Pflanzen vom Kap der Guten Hoffnung, aber vor allem aus Italien und Nordafrika.In seinem Garten pflanzte er eine Vielzahl von Arten an und wurde so besessen von den Früchten, dass er Anfang des 18. Jahrhunderts ein Team von Kupferstechern beauftragte, 256 Tafeln mit 170 Zitrussorten anzufertigen. 

Die daraus entstandene zweibändige Publikation über die Zitruskultur zeigt viele der Früchte in ihrer natürlichen Größe. Der erste Band erschien 1708 mit dem beeindruckend langen Titel Nürnbergische Hesperides, Oder Gründliche Beschreibung der Edlen Citronat, Citronen, und Pomeranzen-Früchte, Wie solche, in selbiger und benachbarten Gegend, recht mögen eingesetzt, gewartet, erhalten und fortgebracht werden.


Cedro col Pigolo Nürnberg, Oberbürg – Das Schloß des Grafen von Polheim Copyright: © Stadtarchiv Fürth, Germany

Cedro col Pigolo Nürnberg, Oberbürg – Das Schloß des Grafen von Polheim Copyright: © Stadtarchiv Fürth, Germany

Pomo d’Adamo Spinoso Venedig – Die Lagune © Stadt Fürth

Pomo d’Adamo Spinoso Venedig – Die Lagune © Stadt Fürth


In beiden Bänden schöpft Volkamer aus seiner langjährigen praktischen Erfahrung mit Zitrusfrüchten und ihrer Pflege – von der Errichtung temporärer Orangerien zum Winterschutz bis hin zu detaillierten Beschreibungen jeder Zitrussorte, einschließlich ihrer Größe, Form, Farbe, ihres Geruchs, Baums oder Strauchs, ihrer Blätter und ihres Ursprungslandes.

Die Tafeln sind zugleich eine Hommage Volkamers an die grünen Landschaften Norditaliens, seine Heimatstadt Nürnberg und andere Orte, die seine Phantasie beflügelten. Vom genuesischen Meerblick bis hin zu Schloss Schönbrunn ist jeder Ort genauso außergewöhnlich detailreich dargestellt, wie die Früchte selbst.

Wir sehen, wie sich grapefruitschwere Äste über einen sonnenbeschienenen Hof in Bologna wölben und bestaunen eine riesige Ananaspflanze, die aus einer südamerikanischen Stadt hervorsprießt. Der Band ist nicht nur eine phantastische Zusammenstellung botanischer Schönheiten, sondern auch eine höchst poetische Tour durch die üppigen Gärten und Orte, an denen diese Früchte einst wuchsen.

Nur wenige handkolorierte Volkamer-Exemplare sind heute noch erhalten. Die gerade erschienene Publikation bei Taschen basiert auf dem Set im Stadtarchiv Fürth auf Schloss Burgfarrnbach und lässt uns per Bild in den Süden Europas reisen. Der Bildband präsentiert zudem 56 neu entdeckte Tafeln, die Volkamer in einem ursprünglich geplanten dritten Band veröffentlichen wollte.

Für alle Botaniker unter unseren Lesern: Nach Volkamer wurde  übrigens auch eine Zitronensorte benannt: die Citrus volkameriana.


volkamer_citrus_fruits_xl_int_3d_01114_2011011448_id_1329829.jpg

J. C. Volkamer. The Book of Citrus Fruits


Iris Lauterbach


Anne Harting

Chefredakteurin und Herausgeberin

Zurück
Zurück

Ciao! - Mario Testinos Hommage an Italien

Weiter
Weiter

Accidentally Wes Anderson - Orte wie aus Grand Hotel Budapest