Sarah Illenberger - Tylko & das eklektische Archiv
„Man muss sensibel für kleine Dinge sein, die zu größeren Ideen führen“ – ein Besuch bei Sarah Illenberger.
Die deutsche Illustratorin und Kreativdirektorin Sarah Illenberger öffnet die Türen ihres Berliner Studios und spricht über das Zusammenspiel von Chaos und Ordnung, wieso Kreativität wie ein Muskel funktioniert und wie sie in Tylko ein Regalsystem gefunden hat, das einen harmonischen Rahmen für ihr eklektisches Archiv liefert.
Geboren und aufgewachsen in München, absolvierte Sarah Illenberger ein Grafikdesign-Studium am Londoner Central Saint Martins College of Art und Design, bevor sie 2007 in Berlin ein eigenes Studio gründete. Mit ihrem ironischen Gestaltungsansatz und unter Verwendung von einfachen alltäglichen Materialien und Gegenständen kreiert Sarah Illenberger ikonografisch aufgeladene Formen und fordert so die Betrachter:innen stets auch zu einem Perspektivwechsel auf. Ihre 3D-Werke erzählen Geschichten, die begeistern und doch zum Nach- und Hinterfragen animieren – kein Wunder, dass ihr hoch gelobter Objet trouvé-Stil weltweit in großen Verlagshäusern und zahlreichen Unternehmen und Institutionen Anklang findet.
Um ihren handgefertigten Entwürfen einen Platz zu geben und zur gleichen Zeit nicht von deren farbenfrohen Designs abzulenken, griff Sarah Illenberger auf die Vielseitigkeit der Tylko-Welt zurück. Dank des intuitiven Konfigurators hat sie ein Regal entwickelt, das optimal ihre Ansprüche und Bedürfnisse erfüllt und doch Ausdruck ihrer unerschöpflichen Kreativität ist. Bis unter die Decke ihres Berliner Studios ragt das Regal Type02 in zurückhaltendem Beige. Es weckt mit seiner klaren Fächeraufteilung Assoziationen an eine Exceltabelle oder auch an einen Setzkasten im Oversize-Format. Die 36 unterschiedlich hohen Fächer hat Illenberger mit eigenen Werken und dazu mit allerlei Schätzen gefüllt, die ihr als Inspiration für ihre Arbeit dienen.
Sarah Illenberger im Interview
Kannst du ein wenig über deinen Hintergrund erzählen und wie er deine Arbeit im Laufe der Jahre beeinflusst hat?
Meine Mutter ist Schmuckdesignerin und mein Vater leitete ein Restaurant. Ihre Arbeitsplätze lagen direkt nebeneinander, so dass ich immer zwischen diesen Räumen hin- und hergesprungen bin – für mich war das wie ein großer Spielplatz. So lernte ich, Diamanten und Gold zu lieben, entdeckte aber auch die spielerische Schönheit des Essens. Ich glaube, hier liegt mein Fundament, mein Ursprung.
Nach der Schule studierte ich Grafikdesign am Central Saint Martins und speziali- sierte mich auf Illustration, weil ich das Gefühl hatte, dass ich dort die größte kreative Freiheit haben würde. Ich wollte visuell und weniger typografisch arbeiten.
Ich glaube, was auch sehr wichtig für meine Arbeit war und ist, ist mein Drang, alltägli- che Dinge und Objekte zu sammeln und verschiedene Materialien in meinen Arbeiten einzusetzen. All das, zusammen mit meiner Liebe zur Fotografie und allem, was analog und greifbar ist, hat mich dahin gebracht, wo ich jetzt bin.
Du hast an einer beeindruckenden Vielfalt von Projekten mitgearbeitet und dabei mit verschiedenen Materialien, Techniken und Medien experimentiert – deine Kreativität scheint im Grunde endlos zu sein. Wie kommst du ständig auf neue Ideen?
Kreativität ist wie ein Muskel, der darauf trainiert ist, die Welt aus einer bestimmten Perspektive zu sehen. Man muss empfänglich und sensibel für kleine Dinge sein, die zu größeren Ideen führen. Ich glaube, dass ich sehr aufmerksam gegenüber meiner Umwelt bin und ich so mehr als andere Menschen sehe. Ich glaube auch, dass es eine Frage der Disziplin ist, die guten Ideen herauszufiltern und weiterzuverfolgen.
Ich merke, dass es manchmal kontraproduktiv ist, wenn ich mich zu sehr darauf konzentriere, neue Dinge zu erfinden. Es ist wichtig, loszulassen. Wenn ich mit dem Fahrrad fahre oder auf Reisen bin und einfach nur herumhänge, werden die Ideen freier.
Wie findest du die Zeit und die Konzentration, um neue Arbeiten zu produzieren? Mit anderen Worten: Was ist dein Geheimnis, um energiegeladen, ausgeglichen und inspiriert zu bleiben?
Reisen – aus meiner Komfortzone herauskommen. Aber in letzter Zeit habe ich auch gemerkt, dass Bücher, Gedichte und Theater sehr inspirierend sind, wenn ich neue Arbeiten konzipiere. Das bedeutet, dass ich mit den Gedanken eines anderen Menschen arbeite und diese dann in visuelle Poesie umwandle. Das ist ein großer Raum, der herausgefordert und erobert werden will!
Ich denke, dass die Überschneidungen zwischen Kunst und Design, einschließlich spiritueller Gesundheit, Meditation und Religion, meine Energie nähren, um neue Dinge zu schaffen.
Wörter wie surrealistisch, fröhlich und humorvoll wurden schon verwendet, um deine Arbeit zu beschreiben. Wie würdest du deine Bildsprache beschreiben, und wie hat sie sich deiner Meinung nach im Laufe der Jahre entwickelt?
Surrealistisch, leicht und humorvoll fasst meine Arbeit ziemlich gut zusammen. Ich glaube, ich habe das Talent, Dinge, die schwer und dunkel sind, in etwas zu verwan- deln, das fliegen kann.
Ich bin immer noch dabei, mehr aus meinem Unterbewusstsein heraus zu arbeiten und die Dinge nicht zu bewusst, zu offensichtlich und zu pragmatisch anzugehen. Früher habe ich viel für Zeitschriften gearbeitet, was eigentlich ganz einfach war, weil man immer mit einem Text arbeitet und sich nur noch ein Bild ausdenken muss, das das Thema symbolisiert. Aber jetzt, wo ich mehr an meinen eigenen Ideen und Gedanken arbeite, erlaube ich mir, tief in mein Unterbewusstsein zu gehen und selt- same Konglomerate oder visuelle Assemblagen zu entwickeln. Diese Übung kann sehr unterhaltsam und erfüllend sein.
Unter welchen ständigen und aktuellen Einflüssen stehst Du?
Mein ständiger Einfluss ist die Natur. Es gibt immer noch viel zu entdecken und zu sehen: Natur ist nie vorhersehbar und das ist sowohl die Herausforderung als auch das Schöne an ihr. In den Bergen oder am Strand spazieren zu gehen, zu sehen, was das Wasser ans Ufer spült, welche Formen es gibt. Wasser und Wald, Wasser und Steine, Wind und Bäume – die Beziehung zwischen den Elementen ist etwas, das mich sehr inspiriert.
Wie ich bereits erwähnt habe, beschäftige ich mich zurzeit sehr intensiv mit Literatur, Poesie und Theater. Ich lese viele Bücher, Briefe zwischen Autoren und eine Menge Biografien.
Wie sieht das Umfeld aus, in dem Du gerne arbeitest? Magst Du es, wenn alles super organisiert ist, oder findest Du es besser, wenn hier und da ein bisschen Unordnung herrscht?
Ich versuche, eine gewisse Struktur in meine umfangreiche Materialsammlung zu bringen. Ich bin nicht von Natur aus strukturiert und organisiert, daher ist es für mich immer eine kleine Herausforderung, einen Schritt zurückzutreten und mir Zeit zu nehmen, die Dinge zu sortieren.
Sobald ich mit der Arbeit anfange, wird es sehr chaotisch. Wenn ich loslasse und mich wirklich in meine Projekte vertiefe, verliere ich den Kontakt zu meiner Umgebung. Das ist schön, das ist der Moment des Flusses. Doch wenn ich kein System habe, fange ich an, in dem Meer von Materialien und Werkzeugen zu ertrinken und werde sehr frustriert. Chaos ist wichtig für die Kreativität, aber es muss Hand in Hand mit einem funktionierenden System gehen.
Du hast dir ein individuelles Tylko-Regal nur für deine Zwecke konfiguriert. Kannst du sagen, was du mit deinem Design erreichen wolltest?
Als ich mein Tylko entworfen habe, war es mir sehr wichtig, dass es Fächer mit verschiedenen Formaten hat, damit meine unterschiedlich großen Objekte gut hinein- passen. Bei meiner Arbeit geht es hauptsächlich darum, 3D-Objekte von Hand zu erstellen und sie zu fotografieren. Daher brauchte ich ein Regal, das farblich nicht zu dominant ist – Cotton Beige passt sehr gut zu meinen farbenfrohen Stücken.
Tylko hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Menschen zu helfen, in dem ihre Produkte mehr Harmonie in die Räume bringt. Was bedeutet Harmonie für Dich?
Sich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist. Wenn Harmonie herrscht, fällt es leich- ter, sich auf die Dinge zu fokussieren, die man sehen, riechen oder hören möchte. Ich denke, dass alles, was nicht harmonisch ist, eine Ablenkung darstellt, die einen davon abhält, loszulassen und sich wirklich auf Themen und Gegenstände einzulassen. Ein harmonisches System ist schön. Ich bin generell ein Mensch, der Symmetrie liebt, und ich finde es wichtig, ein Gleichgewicht im Leben zu haben. Dies spiegelt sich auch in meinem Tylko-Regal wieder.
Tylko