Heimweh – Till Brönner und Klaus Staeck in der Villa Schöningen


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Fast könnte man meinen, an keinem besseren Ort könnte die Ausstellung Heimweh mit Bildern von Till Brönner und Klaus Staeck stattfinden, als in der Villa Schöningen. An diesem besonderen Ort, gelegen an der Glienicker Brücke, die soviel deutsche Geschichte von Trennung und Glück, einem Ost und West in sich vereint und eben auch ein großes Stück Heimweh.

Der Hamburger Sammler Harald Falckenberg kuratiert zum zehnjährigen Jubiläum der Villa Schöningen und anlässlich des 30. Jahrestags des Mauerfalls zusammen mit seinem Freund und Künstler Bernd Dinter eine visuelle Reise durchs Ruhrgebiet und die alte DDR. Ausgangspunkt war die fulminante fotografische Präsentation des Jazzmusikers Till Brönner über das Ruhrgebiet im Duisburger Museum Küppersmühle 2019 unter dem Titel Melting Pott

Ein Jahr lang hat Brönner alltägliche Motive, spontane Portraits und Architektur als sehr persönliche Objets Trouvés festgehalten. In der jetzigen Ausstellung der Villa Schöningen wurden die Fotos von Brönner völlig neu ausgewählt und durch aktuelle Fotografien ergänzt. Brönner hat Arbeiter und Borussia-Fans, vor allem aber Brücken und Häfen fotografiert. Er feiert die Nüchternheit einer Stahl und Kohle huldigenden Region. Und obwohl sie sich ähnlich den einstigen ostdeutschen Industriegebieten radikal wandeln muss, zeigt sich in jedem Bild Stolz.


Klaus Staeck, Was Wie Wann Wo (VEB Schweinezucht Gallentien), 1981 .jpg
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Als Gegenpart steht Klaus Staeck Brönner gegenüber. Geboren in Bitterfeld, ist er einer der Pioniere der Darstellung von DDR-Geschichte. Seine Fotografien dürfen in einer Übersichtsausstellung nicht fehlen. Er ist mit einigen prominenten Werken seiner Zeitreise und Rückkehr nach Bitterfeld vertreten und weist mit seiner grotesken Arbeit Parkordnung direkt im Blickfeld der Glienicker Brücke auf typische Ordnungszusammenhänge der DDR hin.

Eines wird beim Besuch der Ausstellung und dank der Kuration schnell deutlich. So unterschiedlich waren manchen Lebenswelten zu bestimmten Zeiten gar nicht und die Erlebniswelt der Menschen ist oft näher, als gedacht. Mehrfach ist für den Betrachter auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar, aus welcher Zeit die Aufnahme stammt. Heute, gestern, damals?

Heimweh als Sehnsucht nach vertrautem verbindet und regt zur Begriffsdefinition an. Ohne jede dogmatische Vertiefung geht es der Ausstellung um die Frage, wie Menschen, die autoritären und ökonomisch bestimmten Strukturen unterliegen, ihren persönlichen Alltag gestalten.

Ergänzt wird die Ausstellung durch eine Sammlung privater 8mm-Filmaufnahmen aus der DDR. Alberto Herskovits hat die zwischen 1947 und 1990 entstandenen Dokumente 2019 unter dem Titel Open Memory Box in Loops zusammengestellt. Das bisher der Öffentlichkeit kaum bekannte Schmalfilmmaterial umfasst 415 Stunden und stellt mit einzelnen Loops ein weiteres Highlight der Ausstellung dar.

Die präsentierten Arbeiten der drei Künstler umfassen einen Zeitraum von ca. 40 Jahren. Auf die unterschiedlichen architektonischen Aspekte der Ausstellung deutet die im arkadischen Stil errichtete Villa Schöningen hin, wie Harald Falkenberg notiert. Sie ist als Kontext der Präsentation nicht wegzudenken und setzt Akzente mit Blick auf die Glienicker Brücke, die die besonderen Zusammenhänge der ausgestellten Kunst deutlich werden lassen. 


Heimweh
08.Mai  bis 20. September 2020

Villa Schöningen /Berliner Straße 86 /14467 Potsdam
Freitag bis Sonntag 12-20 Uhr


Anne Harting

Chefredakteurin und Herausgeberin

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