Das Kleine Grosz Museum - Neues Kleinod an der Bülowstrasse



Geboren in Berlin, gestorben in Berlin und dazwischen ein ganzes Künstlerleben inspiriert von und gelitten an Berlin: George Grosz ist vielleicht der bedeutendste Künstler, den diese Stadt hervorgebracht hat. Mit Sicherheit ist er ihr wichtigster Chronist und Porträtist. Präsent ist der Künstler in Berlin indes nicht ausreichend. Aus eigenen Beständen können die Berliner Museen dem Werk, das von den Nazis dezimiert wurde, nicht den gebührenden Platz einräumen.

Eine private Initiative, der 2015 gegründete George Grosz in Berlin e.V., hatte sich zum Ziel gesetzt, dies zu ändern und Grosz die verdiente Anerkennung und Präsenz zukommen zu lassen. Finanziert aus eigenen Mitteln und in Kooperation mit dem Nachlass des Künstlers öffnete nun Das Kleine Grosz Museum seine Türen. Das Vorhaben ist zunächst auf 5 Jahre angesetzt. Sofern es ausreichend Unterstützer findet und die langfristige Finanzierung gesichert werden kann, soll aus dem temporären Museum eine dauerhafte Institution werden.


Das kleine Grosz Museum © Hannah Seibel

Das kleine Grosz Museum © Hannah Seibel

Das kleine Grosz Museum © Hannah Seibel

Das kleine Grosz Museum © Hannah Seibel


Für das Museum selbst steht eine Ikone der Wirtschaftswunder-Architektur in Berlin-Schöneberg zur Verfügung: eine spektakulär renovierte und um einen Ausstellungsbau erweiterte Shell-Tankstelle aus den 1950er-Jahren samt Garten in der Bülowstraße. Ein Café, im Sommer mit Außenbereich, lädt zum Verweilen ein. Die Lage des Gebäudes könnte passender nicht sein. In diesem Quartier feierten die Berliner das verrückte Jahrzehnt zwischen niedergegangenem Kaiserreich und aufziehender Diktatur – und Grosz im nahegelegenen Theater am Nollendorfplatz seine größten Triumphe als Bühnenbildner. Nur einen Katzensprung entfernt lagen die wichtigsten Galerien seiner Zeit – dort, in der Potsdamer Straße, hat sich unlängst wieder die zeitgenössische Galerienszene angesiedelt.

Neben einer Dauerausstellung zu Leben und Werk des „Hauskünstlers“ werden jährlich zwei Sonderausstellungen jene Themen aufgreifen, die für das Gesamtwerk von zentraler Bedeutung sind, bislang aber vernachlässigt wurden. Die Ausstellungen, die in Kooperation mit nationalen und internationalen, privaten wie öffentlichen Sammlungen entstehen, werden jeweils 50 bis 80 Originalwerke umfassen und von einem Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König begleitet. Die Eröffnungsausstellung Gross vor Grosz wird etwa das brillante Frühwerk des Künstlers vorstellen und mit überraschenden neuen Erkenntnissen zeigen, wie aus Georg Ehrenfried Gross der politische Künstler George Grosz wurde. Darauf folgt als zweite Sonderausstellung die Rekonstruktion seiner 1922 unternommenen Reise nach Sowjet-Russland.

Das Kleine Grosz Museum ist ein Ort der Kunst, ein Ort der Geschichte, ein Ort der Forschung, ein Ort des Austauschs, ein Ort der Einkehr sein – und zweifellos auch ein Ort der Gegenwart und der Politik. Der Blick soll nämlich nicht nur zurück gerichtet werden. Der streitbaren Persönlichkeit des Künstlers entsprechend, soll das Museum den lebendigen Austausch zwischen den Generationen und politischen Lagern fördern und sich den gesellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart stellen. So soll das Museum nicht nur Resultat, sondern auch Ausgangspunkt von Debatten und Engagement sein.


Das Kleine Grosz Museum

Bülowstraße, 18 / 10783 Berlin
Donnerstag bis Montag 11-18 Uhr


Anne Harting

Chefredakteurin und Herausgeberin

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