Dorotheum – Mehr als Tradition und Moderne
Jonas Burgerts Arbeit puls führt nimmt wie alle Werke des Künstlers nicht nur physisch Raum ein, sondern lässt gleich seinem Titel den Maria Theresien Saal des Dorotheum in Wien pulsieren, während sich Stephan Balkenhols five female nudes fast provokant davor platzieren. Es ist nur eine der gelungenen Kurationen, die an diesem Tagen Besucher des Dorotheum einfangen.
Zweimal im Jahr lädt Europas ältestes und auch größtes Auktionshaus zur Contemporary Week. Längst ein Muss für alle Liebhaber der Moderne und Zeitgenössischen Kunst, die sich perfekt umrahmt von der Kulisse des Dorotheums präsentiert. Das Angebot liest sich wie eine Who is Who der internationalen Kunstszene, Rekordergebnisse stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Mehr als 300 Jahre liegt die Gründung des Dorotheums durch Kaiser Joseph I. als "Versatz- und Fragamtes zu Wien" zurück. Das kaiserliche Gründungspatent sah damals eine Funktion als Auktionshaus, Pfandinstitut mit sozialem Auftrag nach dem Vorbild des italienischen „mons pius“ und Vermittlungsbörse von Mobilien, Immobilien und Dienstpersonal vor. 1707 erfolgte die Übersiedlung in das ehemalige Dorotheerkloster, das Dorotheum erhielt damit seinen heutigen Namen.
Das heutige prunkvolle Palais in der Dorotheergasse wurde 1901 nach Entwürfen des bekannten Ringstraßenarchitekten Emil Ritter von Förster fertiggestellt. Kaiser Franz Joseph selbst nahm die feierliche Eröffnung vor. Bereits damals entsprachen die Räumlichkeiten mit ihrer Innenausstattung und klimatisch optimalen Kellerdepots allen Anforderungen eines großen Auktionshauses.
Das attraktive Ambiente und der Charme des Traditionshauses sind wahrlich einmalig, dazu zeichnet es sich durch ein Team mit über einhundert Experten und einer Expertise in über 40 Sparten aus. Seit 2001 in privater Hand und internationalen Dependancen u.a. in London, Mailand, Rom, Hamburg und München lädt das Dorotheum durch seine unkonventionelle Herangehensweise auch junges Zielpublikum ein und ist einer der aktiven Vorreiter in der Gestaltung des Auktionsmarktes der Zukunft. Seit neuestem mit seinem Insta-Kanal @doretheumcontemporary wie auch seinem sehr empfehlenswerten wie informativen My Art Magazine Dorotheum.
Doch kommen wir noch einmal zur aktuellen Contemporary Week zurück. Zu den Highlights der Auktion gehört zweifellos ein Werk des italienischen Künstlers Alighiero Boetti: Eine seiner berühmten Biro-Arbeiten. Die mehr als vier Meter lange Kugelschreiber-Arbeit auf Papier aus dem Jahr 1981 wird mit 400.000 bis 600.000 Euro bewertet.
Der aus der Aeneis entnommene Bildtitel non parto non resto offenbart sich mithilfe eines kuriosen und ungewöhnlichen Spiels: Die Konstellation der Zeichen auf den Tafeln wird zuweilen von Kommas unterbrochen. Diese 16 Kommas verweisen auf das Alphabet auf der ersten Tafel und sind der Schlüssel zur Interpretation. Der mit „Ich gehe nicht, ich bleibe nicht“ übersetzte Titel ist dem liebeskranken Aeneas in den Mund gelegt. Ganz anders, aber ebenso empfehlenswert Boettis Arbeit L´intensata corsa della vita aus dem Jahr 1989.
Eines der weiteren Highlights ist Heins Macks Arbeit Ohne Titel aus dem Jahre 2017, Teil seiner Chronomatischen Konstellationen. „Die im Spektrum sichtbare Identität von Licht und Farbe ist das Thema meiner Malerei – es ist ihr einziges Thema.“, so Mack. Der Schätzwert liegt bei 200.-300.000 Euro.
Als Liebhabern von Neonarbeiten hat es uns persönlich eine Werk des Franzosen François Morellet angetan. Bereits 1963 integrierte er Neonlicht in seine Werke und war damit einer der ersten Künstler überhaupt. Der witzige Werktitel seiner Arbeit Lunatique neonly – 16 quarts de cercle n. 5 aus dem Jahr 2005, die beispielhaft für seine Art steht, Willkür und Rhythmus und Überlagerungen aufeinander treffen zu lassen, setzt sich aus den Wörtern für Mond, Wahnsinn und Neon und dem englischen only zusammen. (€ 80.000–120.000).
Weitere Arbeiten der diesjährigen Contemporary Week stammen von Imi Knoebel, Hans Hartung, Antoni Tàpies, Cy Twombly oder aber auch Andy Warhol und Roy Lichtenstein, perfekt inszeniert im imposanten Treppenhaus des Dorotheum.
Für Einsteiger wie Liebhaber abschließend unsere persönliche Empfehlung: Mario Schifanos Untitled aus dem Jahre 1970. Seine Herangehensweise basiert auf der Synchronizität zweier Arten von Natur – der natura naturans des Auserwählten wie der der Kunstsprache. Eine leise wie sehr kraftvolle Arbeit zugleich, die es zu entdecken gilt.
Dorotheum
Contemporary Week
Moderne - Auktion 23. Mai 2023, 18 Uhr
Post-War und Contemporary Art, Part I - Auktion 24. Mai 2023, 18 Uhr
Post-War und Contemporary Art, Part II Auktion 25. Mai 2023, 17 Uhr
Vorbesichtigung
Samstag, 13. Mai bis Mittwoch, 24. Mai 2023
10 bis 18 Uhr
außer Sonntags 14 bis 17 Uhr
Palais Dorotheum / Dorotheergasse 17 / 1010 Wien