Wilmina - Ein versteckter Rückzugsort mit Geschichte
Das Wilmina möchte gefunden werden. Nur ein Klingelschild an einer großen wuchtigen Holztür an der belebten Kantstraße gibt zunächst Auskunft darüber, dass hier eine der spannendsten Hotel-Neueröffnungen Berlins zu entdecken ist. Das familiengeführte Hotel empfängt seine Gäste in einem ehemaligen Frauengefängnis, erbaut 1896, dass von üppigen Gärten und ineinander fließenden Höfen umgeben ist.
Jahrzehntelang vergessen und unzugänglich hat das Architektenpaar Grüntuch Ernst, vielen auch bekannt durch ihre Transformation der Jüdischen Mädchenschule, das Ensemble des über 125 Jahre alten Amtsgerichts Charlottenburg und des dahinter versteckt liegenden Gefängnisses transformiert und in einen Ort des Lichts verwandelt.
Von der Straße kommend durchquert der Gast zunächst das Vorderhaus, dass im letzten Jahr u.a auch durch den Amtsalon seine neue Bestimmung als Kunst- und Begegnungsort fand. Durch eine Sequenz von Höfen, vorbei am Eingang des neuen Restaurant Lovis, gelangt der Gast tiefer in das Ensemble, wo Durchgänge und Räume zunehmend weniger öffentlich sind.
Spätestens wenn sich das letzte große Gefängnistor öffnet, möchte man bleiben. Im zentralen Gartenhof angekommen, findet man sich inmitten einer vermeintlich wilden Natur wieder, einem Ort ohne Zeit. Neben hochgewachsenen Bäumen haben sich Sträucher, Hecken und Kletterpflanzen über mehrere Jahrzehnte ungerichtet und ungehindert ausgebreitet, dazu wurde ein Teil des asphaltierten Hofes renaturiert. Eine überraschende Naturinsel inmitten des Stadtblocks, die den besonderen Charme des Gesamtkomplexes aufzeigt.
Das ehemalige Gefängnis, nach außen den Eindruck einer Festung erweckend, die gleichsam von der Natur umarmt wird, empfängt seine Gäste mit einer hohen und hellen Lobby. Zur Linken ist diese über eine Galerie mit einer einladenden intimen Kaminlounge verbunden, die zum Verweilen einlädt. Zur Rechten führt eine Treppe in das Atrium, das Herzstück des Hauses. Der ehemalige Zellentrakt wurde von Grüntuch-Ernst zu einem lichtdurchfluteten Raum aufgebrochen. Eine Lichtinstallation von Boggi mit gläsernen, von der Decke abgehängten Pendelleuchten betont spielerisch die Höhe des Raums.
Durch sensible Interventionen mit gezielten Öffnungen, Aufbauten, Überlagerungen, Verschiebungen und Durchdringungen wurden die bestehenden Strukturen im gesamten Bau erweitert, verbunden und neu programmiert. Hochliegende Zellenfenster wurden vergrößert und die abgetragenen alten Backsteine für den zentralen Erweiterungsbau des Lovis reaktiviert. So hat das Architektenteam ein Gebäude aus dem Dornröschenschlaf erweckt und in einen lebendigen und gleichzeitig kontemplativen Ort verwandelt, an dem der Gast der Hektik des städtischen Alltags entfliehen kann, ohne auf Austausch und gemeinschaftliches Miteinander zu verzichten.
Aus den ehemaligen Gefängniszellen entstanden für das Boutiquehotel auf über fünf Etagen 44 großzügige Gästezimmer: Von Cozy bis zum großzügigen Garden Loft. Alle Gästezimmer vereinen historische Authentizität mit modernem Luxus und Komfort, ohne störende Opulenz aufzudrängen. Trotz ihrer Gemeinsamkeiten ist jedes Zimmer ein Unikat. Kein Raum gleicht dem anderen, aber in allen erzeugen helle Farben, weiche Texturen und warme, hochwertige Materialien beruhigende Rückzugsräume.
Dabei wurde die Geschichte des Gebäudes, zu dessen bekanntesten Insassinnen die Mitglieder der Roten Kapelle gehörten, nicht überschrieben und teils mit Raffinesse leise eingefügt. So erscheinen alte Wandinschriften teils beleuchtet hinter Spiegeln. Die Familie Grüntuch-Ernst hat zudem die Natur mit einer eigenen botanischen Sammlung der 7-köpfigen Familie in die Zimmer geholt. Diese persönliche Handschrift schreibt sich an vielen Stellen in der Gesamtgestaltung des Hotels fort und prägt den intimen Charakter des Hotels.
Einzig die fünfte Etage mit ihren Suiten und der Dachterrasse inkl. Wellnessbereich wurde dem Bau zugefügt. Vor den Panoramafenstern bietet ein Vorhang aus feinen Metallketten ein hohes Maß an Privatheit und gleichzeitig Schutz vor Sonnenerwärmung. Die filigranen Ketten sind federnd gelagert und bewegen sich leicht im Wind. Wenn das Metall in der Sonne glitzert, umhüllt der Vorhang das historische Gebäude mit einem elegant schimmernden Schleier.
Die Dachterrasse bietet einen einmaligen Ausblick auf die Dachgärten der Stadt und die ineinander fließenden Innenhöfe des versteckt liegenden Ensembles. Beeindruckend der zentrale Erweiterungsbau im ehemaligen Schleuserhof mit dem Restaurant Lovis, dessen Küchenchefin Sophia Rudolph ist.
Mit dem Hotel Wilmina ist die Balance zwischen historischem Bewahren und der Schaffung einen individuellen Rückzugsortes inmitten der Großstadt auf besondere Weise gelungen. Für alle, die mehr über die Geschichte des Hauses erfahren möchten, ist eine ehemalige Zelle als Ort der Geschichte erhalten geblieben. Vielleicht haben Sie aber auch ganz viel Glück und kommen bei ihrem Besuch spontan in den Genuss einer der seltenen individuellen Führungen durch die Inhaberfamilie.
Wilmina Hotel
Wilmina Hotel / Kantstraße 79 / 10627 Berlin
www.wilmina.com