Room of One’s Own / Part II – Viel (Frei-)Raum für Kunst von Frauen
Virginia Woolf’s Roman Ein Zimmer für sich allein ist einer der grundlegenden Texte der Frauenbewegung. Die zentrale Idee ist: (finanzielle) Freiheit für kreatives Schaffen. Die Galerie Rüdiger Schöttle gibt sieben Künstlerinnen mit A room of One’s Own / Part II entsprechenden Raum – physisch und symbolisch.
An diesem Abend wäre die britische Schriftstellerin Virginia Woolf mit Sicherheit stolz gewesen: Eine Gruppe von mehr als zehn Frauen, alle beruflich erfolgreich auf eigenen Beinen stehend und die Kraft eines guten Netzwerk nutzend, trifft sich in einer der renommiertesten Galerien Münchens, um die Werke sieben ganz unterschiedlicher Künstlerinnen zu betrachten. Die Motivation und persönlichen Geschichten der Kreativen gibt Dr. Ingrid Lohaus, Direktorin der 1968 gegründeten Institution, preis.
In der Galerie bekommen die Kunstschaffenden Annabell Häfner, Toulu Hassani, Rachel von Morgenstern, Lorena Herrera Rashid, Sophie Reinhold, Thu Van Tran und Gabriela Volanti nicht nur einen Raum, in dem ihnen volle Aufmerksamkeit geschenkt und Respekt erwiesen wird, sondern gleich drei Etagen. Ein Teil der Werke wurde für die Galerie und Part II der Gruppenausstellung kreiert. So zum Beispiel die vier Bilder von Annabell Häfner.
Häfner, die an der Weißensee Kunsthochschule Berlin studierte, beschäftigt sich in der Serie Nicht-Orte mit Transiträumen. Die Umrisse dieser Zimmer, die Tagesbetten, Chaiselongues, Sofas, Kunst oder Fenster erkennen lassen, sind Räumlichkeiten, die zumeist von Leere, Einsamkeit und Spurenlosigkeit gezeichnet sind. Sie sind eine Momentaufnahme, deren Vergänglichkeit sich im scheinbar schnellen Malprozess widerspiegelt. Die Orte hinterlassen keinen bleibenden Eindruck, bieten aber Raum für – flüchtige oder intensive – Gedanken.
Dass die Bilder nicht nur visuell Spannung erzeugen, sondern auch eine Geschichte – persönlicher, historischer, wissenschaftlicher oder literarischer Natur – erzählen, liegt der Kunsthistorikerin Ingrid Lohaus besonders am Herzen. Bewegende Ereignisse in ihrem Heimatland verarbeitet Thu Van Tran beispielsweise in der Serie Rainbow Herbicides durch die Verwendung von Sprühfarbe, die auf das hochgiftige Entlaubungsmittel, das die US-Luftwaffe im Krieg gegen die Vietcong versprühte, referiert. Die in Vietnam geborene und in Paris lebende Künstlerin ist mit insgesamt sieben ausdrucksstarten, sich stark unterscheidenden Positionen vertreten.
Dass jede Form von künstlerischer Interpretation in der Galerie Raum findet, untermalen die Positionen von Hélène Appel. Ihre Werke beziehen sich auf Gegenstände des täglichen Leben. Sie wählt scheinbar nichtige Motive, die sie in realistischen Größenverhältnissen darstellt – „und dafür lieben wir sie!“ äußert sich die Kuratorin begeistert, während wir und das Werk Brotscheibe angucken.
Room of One’s Own / Part I und Room of One’s Own / Part II sind ein Beweis dafür, dass Virginia Wolfs Forderungen Früchte tragen. In ihrem Essay schrieb sie, dass sowohl finanzielle Freiheit als auch ein eigenes Zimmer, das sinngemäß für Privatsphäre steht, nötig sind, um die schöpferische Arbeit von Frauen zu ermöglichen. Die Ausstellungen zeigen nicht nur Werke von etablierten, sondern auch von jungen, aufstrebenden Künstlerinnen, die dank der Präsentation hoffentlich eines Tages in der Lage sind, von ihrer Kunst zu leben.
Room of One’s Own / Part II
21. Januar bis 5. März 2022
Galerie Rüdiger Schöttle /Amalienstr. 41 / 80799 München
Dienstag bis Freitag 11 – 18 Uhr, Samstag 12 – 16 Uhr