Max Beckmann - weiblich-männlich


Max Beckmann Bildnis einer Rumänin (Bildnis Frau Dr. Heidel), 1922 Öl auf Leinwand, 100 x 65 cm Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Max Beckmann Bildnis einer Rumänin (Bildnis Frau Dr. Heidel), 1922 Öl auf Leinwand, 100 x 65 cm Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford


Max Beckmann gehört zu den Meistern der Moderne, seine Werke sind weltbekannt. Doch die Ausstellung weiblich - männlich der Hamburger Kunsthalle untersucht erstmals die zahlreichen, oft widersprüchlichen Rollen von Weiblichkeit und Männlichkeit in seinen Werken. Noch bis zum 24. Januar 2021 kann man die rund 140 Gemälde, Plastiken und Arbeiten auf Papier besichtigen.

Der Mann ist selbstsicher, zielstrebig, präsent und dominant. Die Frau ist zurückhaltend, liebevoll, unterwürfig und bestenfalls eine Art Dekoration. - Im 19. und anfänglich auch im 20. Jahrhundert war die Rollenverteilung zwischen den beiden Geschlechtern eindeutig, die Grenzen allseits bekannt und mehrheitlich akzeptiert. Objektiv betrachtet zumindest. 

Max Beckmanns Werke zeigen uns, in dieser Ausstellung eine völlig neue Seite der damaligen Epoche. Eine Seite, die gar nicht so schwer zu finden ist, wenn man sich die Analyse zutraut. Auf den ersten Blick scheint es so, als würde Max Beckmann lediglich die damals vorherrschende Meinung wiedergeben. Devote Frauen im Hintergrund und Männer im Zentrum, der Rücken durchgestreckt. 


Max BeckmannSelbstbildnis Florenz, 1907 Öl auf Leinwand, 98 x 90 cm Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe Nachlass Peter und Maja Beckmann © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Max BeckmannSelbstbildnis Florenz, 1907 Öl auf Leinwand, 98 x 90 cm
Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe Nachlass Peter und Maja Beckmann
© VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Max Beckmann Odysseus und Kalypso, 1943Öl auf Leinwand, 150 x 115,5 cm Hamburger Kunsthalle © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Max Beckmann Odysseus und Kalypso, 1943Öl auf Leinwand, 150 x 115,5 cm
Hamburger Kunsthalle © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

Max Beckmann Doppelbildnis (Max und Mathilde Beckmann), 1941 Öl auf Leinwand, 193,5 x 89 cm Collection Stedelijk Museum Amsterdam © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Foto: Stedelijk Museum, Amsterdam

Max Beckmann Doppelbildnis (Max und Mathilde Beckmann), 1941 Öl auf Leinwand, 193,5 x 89 cm Collection Stedelijk Museum Amsterdam © VG Bild-Kunst, Bonn 2020
© Foto: Stedelijk Museum, Amsterdam


Doch, wenn man einmal stehenbleibt, verweilt und den Blick über die Details schweifen lässt, entsteht ein neues Werk. Es entsteht eine neue Weltanschauung.Männer, die Blumen in ihren zierlichen Händen halten, in seiner Kunst häufig ein Symbol für Weiblichkeit. Frauen, die anfangs wirkten, als würden sie sich lieber aus dem Bild zurückziehen, erwidern den betrachtenden Blick und halten ihn fest. 

Gerade, wenn man von oben herab sagen möchte, dass Beckmann klare Rollen verteilt hat und eine Analyse nicht nötig sei, fangen die Grenzen an zu verschwimmen. Je länger man hinschaut, desto mehr entgleiten sie einem. Was ist Sexualität? Was bedeutet Emanzipation? Was versteht man unter Männlichkeit und was unter Weiblichkeit? Oder trägt jeder beide Teile in sich? Plötzlich stehen große Fragen da, wo gerade noch leichte Antworten waren. 

Sich selber portraitierte Max Beckmann gerne als „mannhaft entschlossener Weltendeuter“, dem Zeitgeist entsprechend. Doch dann trifft man im nächsten Raum auf die Familienportraits. Auf seine Mutter, seine Schwiegermutter, seine erste Frau.  Portraits von Frauen, die nicht nur Räumlichkeiten zieren sollen, sondern deren Falten und Blicke Geschichten erzählen und Richtungen weisen; auch für Männer, wie Beckmann einer war.

Die Personen in Beckmanns Bildern zeigen Widersprüche und Gegensätze. Gefühle, die man sich damals nicht getraut hat zu verbalisieren. Sie zeigen Begehren, Hingabe und Widerstreit, Macht und Ohnmacht, Freiheitsdrang und Verschmelzung.„Weiblich - männlich“ ist eine Ausstellung, die zum Nachdenken anregt, die Diskussionen auslöst.

Dementsprechend hat die Kunsthalle einen Rahmen organisiert, der letzteres möglich macht: Während der Ausstellungslaufzeit werden Experten aus verschiedenen Fachbereichen ihren Arbeitsplatz in die Ausstellung verlegen und ihren Blick auf Beckmanns Kunst und auf Geschlechterfragen einbringen. 


Max Beckmann. weiblich männlich
25. September 2020 bis 14. März 2021

Hamburger Kunsthalle /Glockengießerwall 5 /20095 Hamburg
Dienstag bis Sonntag 10-17.30 Uhr


Ann-Catherine Wegener

Ann-Catherine Wegener verstärkt unsere PAJO ONE Redaktion als leidenschaftliche Autorin. Als ausgebildete Medienkauffrau bei Axel Springer schreibt sie besonders gerne über Kunst, Innenarchitektur, Mode und Politik. Neben Ausstellungen zieht es sie regelmäßig in kleine Buchhandlungen, wo sie Stunden über Stunden verbringt - am liebsten auch mit Freunden.

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